Nach mehr als 17 Jahren im Kernkraftwerk Mühleberg (KKM) reichte Frank Holzgrewe Mitte 2018 die Kündigung ein. Der Plan stand fest: Zusammen mit seiner Frau, einer Thailänderin, wollte er in deren Heimat auswandern. In Khlong Lan, im Norden Thailands, hätte er sich als Reisbauer versucht. Doch dann überdachten seine Frau und er ihre Pläne nochmals und verschoben die Auswanderung auf einen späteren Zeitpunkt. Für Frank Holzgrewe bedeutete dies: Er brauchte einen neuen Job. Da traf es sich gut, dass die BKW für den Rückbau des KKM einen «Fachexperten strategische Entsorgung» suchte. Frank Holzgrewe bewarb sich auf die Stelle – mit Erfolg.

«Im KKM habe ich mich immer sehr wohl gefühlt.»

Der nächste Schritt im Lebenszyklus

Frank Holzgrewe ist deutscher Diplomingenieur und kam 1991 für eine Stelle beim Paul-Scherrer-Institut (PSI) in die Schweiz. Dort erbrachte er unter anderem Dienstleistungen für die Schweizer Kernkraftwerke und führte für die Aufsichtsbehörde, das Eidgenössische Nuklearsicherheitsinspektorat ENSI, Berechnungen zur Überprüfung der Anlagen durch. 2001 wechselte er ins KKM. «Ich habe mich immer sehr wohl gefühlt», so Frank Holzgrewe. Darum arbeite er gerne hier weiter.

Jahrelang hatte er sich um den optimalen Einsatz der Brennelemente im Inneren des Reaktorkerns gekümmert. Mit dem neuen beruflichen Abschnitt ist er nun für den nächsten Schritt im Lebenszyklus der Brennelemente zuständig: die Entsorgung. Zu Frank Holzgrewes Aufgaben gehört die Lizenzierung – also die Zulassung – der Behälter, in denen die Brennelemente gelagert werden. Nach dem Abtransport zunächst im zentralen Zwischenlager in Würenlingen (Zwilag) und dann eines Tages im geologischen Tiefenlager. Dort klingt ihre Strahlung ab, bis sie nach etwa einer Million Jahre derjenigen des natürlichen Untergrunds entspricht.

Früher war er für ihren Einsatz zuständig, jetzt für ihre Entsorgung: Frank Holzgrewe mit einem Modell eines Brennelements.

Es sind Zahlen wie diese, die klarmachen: Hier handelt es sich um alles andere als gewöhnliche Abfälle. Eine etwas kleinere, aber dennoch eindrückliche Zahl prägt Frank Holzgrewes Arbeitsalltag: Für die Lizenzierung eines Behältertyps müssen rund 200 Dokumente mit umfassenden Informationen und Nachweisen beim ENSI eingereicht werden. «Jedes Mal, wenn ich vom ENSI eine Freigabe erhalte, macht mir das grosse Freude. Dann weiss ich, dass wir wieder einen Schritt weiter sind», sagt Frank Holzgrewe dazu.

«Ich freue mich über jede Freigabe, weil wir dann wieder einen Schritt weiter sind.»

Bevor die Dokumente eingereicht werden können, ist viel Koordinationsarbeit gefragt. Sei es intern, mit den Kollegen auf der Anlage, aber auch mit der Herstellerin, der deutschen Firma GNS mit Sitz in Essen. Sie setzt die Einzelkomponenten von 20 Unterfirmen zum fertigen Behälter zusammen. Auch hier braucht es viel Abstimmung und Koordination.

Frank Holzgrewe
Frank Holzgrewe an seinem Arbeitsplatz mit einem Foto von zwei Lagerbehältern, wie sie für das KKM gefertigt wurden.
«Der persönliche Austausch ist mir wichtig.»

Eigentlich wäre Frank Holzgrewe für den Austausch mit der GNS gerne auch vor Ort gegangen. Wegen den Massnahmen rund um die Corona-Pandemie ist dies aber derzeit nicht möglich. Für die Abstimmung mit den Kollegen in der Anlage ist Frank Holzgrewe regelmässig vor Ort im KKM. Er freut sich auf den Zeitpunkt, wenn dies wieder der Standard sein wird. «Der persönliche Austausch ist mir wichtig», sagt er dazu.

2022 starten die Transporte

Die Transporte der Brennelemente ins Zwilag sollen im April 2022 starten, also in rund einem Jahr. Bis dahin hat Frank Holzgrewe noch einiges zu tun. Denn vorher müssen alle Zulassungen und Lizenzierungen vorliegen, genauso wie die Detailplanung der einzelnen Transporte. Diese ist wichtig, weil auch andere Kernkraftwerke radioaktive Abfälle ins Zwilag liefern. Beim KKM gibt es in Sachen Transporte eine Besonderheit: Weil die Handhabung der grossen Lagerbehälter im KKM nicht möglich ist, werden die Brennelemente in kleineren Shuttle-Behältern transportiert und erst im Zwilag in die Lagerbehälter umgeladen. Anschliessend wird der Behälter verschlossen, vakuumiert und mit Helium befüllt. Dieses leitet die Wärme, die noch immer von den Brennelementen ausgeht, nach aussen ab. Von A bis Z dauert die Massnahmen rund um einen Transport gut zwei Monate, bis alle Brennelemente aus dem KKM im Zwilag sind, vergehen ab dem Start des ersten Transports etwa zwei Jahre.

Die gesamte Planung rund um den Abtransport und die Lagerung der Brennelemente ist Frank Holzgrewes Hauptaufgabe, doch er hat auch andere Projekte: So ist er auch für die strategische Entsorgung der Turbinen zuständig. Hier wurde ein Grossteil der Transporte schon abgewickelt. Läufer, Rotoren und Schaufeln wurden zur spezialisierten Firma Cyclife in Schweden transportiert. Diese schmilzt das Material, wobei sie den radioaktiven Abfall von den wiederverwertbaren Bestandteilen trennt. Letztere gelangen so wieder in den Wertstoffkreislauf. Die radioaktiven Abfälle dagegen kommen ebenfalls ins Schweizer Zwischenlager nach Würenlingen.

Frank Holzgrewe
Neben den Brennelementen ist Frank Holzgrewe auch zuständig für die strategische Entsorgung von weiterem radioaktivem Material. Hier mit Containern auf dem Areal des KKM.

Das Timing passt

Die Turbinen nach Schweden, die Brennelemente nach Würenlingen. Und wohin geht Frank Holzgrewes persönliche Reise? «2025 werde ich pensioniert, das passt zeitlich sehr gut zusammen mit dem Ende meiner Aufgaben hier im KKM», sagt er. Den Plan, eines Tages nach Thailand auszuwandern haben seine Frau und er nur aufgeschoben, nicht aber aufgehoben. Möglicherweise wird der Mann, der sich seit vielen Jahren um das Innerste aus dem Reaktor des KKM kümmert, eines Tages also doch Reisbauer in Khlong Lan.

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