Etwa 15 Kilometer südöstlich von Bern liegt das Städtchen Münsingen. Knapp 13 000 Menschen leben dort. Über 120 davon tun dies ab diesem Sommer äusserst nachhaltig und zukunftsträchtig – dank der Überbauung Sóley Münsingen. «Seit den 80er-Jahren standen dort zwei Wohnblöcke, darum herum gab es viel Grünfläche. Jetzt haben wir die bestehenden Gebäude auf Wunsch der Bauherrschaft nachhaltig saniert und ein weiteres Gebäude dazu gebaut, um das Areal besser zu nutzen», erklärt Philipp Schmid von der SKS Architekten AG. Entstanden sind drei Plusenergiegebäude. «Das sind Gebäude, die über das Jahr hinweg mehr Energie produzieren, als sie für Heizung, Warmwasser, Lüftung und Strom benötigen. Es ist eine Geschichtsträchtige Überbauung», sagt Schmid.
«Mit den Plusenergiebauten verwirklichen wir bereits heute den Baustandard der Zukunft», ergänzt Markus Zurflüh. Er ist Mandatsleiter direkte Immobilienanlagen der PK BKW, die das Projekt evaluiert, geplant und umgesetzt hat.
Für Aussenstehende etwas vom Faszinierendsten sind die Fassaden. Denn diese bestehen – kaum erkennbar – aus Solar-Panels. «Selbst die Bauarbeiter fragten neugierig: Was ist das?», erzählt Philipp Schmid.
Bis zu diesem Projekt habe er nur schwarze Photovoltaik-Module gekannt. «Für mich war klar, dass das in einem Wohnquartier an Fassaden nicht in Frage kommt.» Die Lösung wurde zusammen mit den Basler Photovoltaik-Spezialisten von Planeco gefunden: Vor die Solarpanels wurde eine perforierte Folie in einem olivebeigen Ton angebracht. «Mit diesem Prinzip können wir Fassaden in jeder Farbe gestalten. Je dunkler die Farbe, desto mehr Energie wird produziert.» Gerade das Anbringen der neuen Fassaden war bei den zwei bereits bestehenden Gebäuden nicht einfach. «Türen, Fenster, gewisse Unebenheiten – alles war gegeben. Deshalb mussten wir millimeter-genau planen. Und brauchten geschätzt 140 unterschiedliche Modulgrössen», so Schmid. Bei Neubauten besteht mehr Spielraum. Deshalb waren für das dritte und neue Gebäude- de bloss 50 unterschiedliche Module nötig.
Günstiger Strom für Mieter
Im Fall von Sóley Münsingen liefern die Fassaden ca. 80 Prozent der benötigten Energie. Den Rest – und sogar noch einiges darüber hinaus – produzieren die Solar-Module auf dem Dach. Der gewonnene Solarstrom fliesst dank eines Zusammenschlusses zum Eigenverbrauch, kurz ZEV, zu allen Mietern. Der Vermieter wird also zum Stromlieferanten. Die Mieter kommen dabei etwas günstiger weg, als wenn sie Strom beim lokalen Energieanbieter beziehen müssten. Abrechnung und Energieüberwachung übernimmt dabei die engytec AG, eine Tochterfirma der BKW. Stromüberschüsse werden ins reguläre Netz eingespiesen.
Der Solarstrom dient auch dem Betrieb zweier Wasser-Wasser-Wärme-pumpen. Diese heizen im Winter die Gebäude, indem sie dem Grundwasser 1 bis 2 Grad Wärme entziehen, und sorgen zudem für Warmwasser. Im Sommer geben sie 4 Grad Wärme an das Grundwasser ab und kühlen so die Wohnungen und Gebäude. Der Vorgang wird auch Freecooling genannt. «Eine solche Wärmepumpe ist eine attraktive Lösung, sie benötigt wenig Strom und ist dadurch günstig im Betrieb», sagt Martin Baumgartner von der Guggisberg Kurz AG, einer Tochter der BKW Building Solutions. Er ist Abteilungsleiter Heizung und hat das System zusammen mit seinem Team in Sóley Münsingen installiert.
Nachhaltig sind die Gebäude auch auf anderen Ebenen. So wurden mehrheitlich mineralische Dämmstoffe verwendet, die zum Einsatz gekommenen Farben sind abbaubar und ohne Giftstoffe, und unter den Solar-Panels auf den Dächern wachsen Pflanzen, was zur Verbesserung des Kleinklimas beiträgt. Gleichzeitig isoliert die Erdschicht das Gebäude und speichert Regenwasser, das dann wieder in die Atmosphäre verdunstet, was die Kanalisation entlastet. Bei der gesamten Beleuchtung wurde auf LED gesetzt. Die eingebauten Küchenapparate entsprechen der höchsten Energieeffizienzklasse. «Ausserdem sind die Küchen aus Stahl. Sie haben deshalb eine viel längere Lebenszeit als herkömmliche Küchen. Und man kann sie wieder in ihre Bestandteile zerlegen, sobald sie entsorgt werden müssen», sagt Markus Zurflüh. Spanplatten mit Kunststoff und andere Verbundstoffe wurden gemieden, weil sie dieses Kriterium nicht erfüllen.
Einheimisch und regional
Die eingebauten Küchen wurden zudem zu 100 Prozent in der Schweiz hergestellt. «Das ist viel sinnvoller, als Naturstein zu verwenden, der aus Brasilien importiert werden muss», sagt Philipp Schmid. Auch das Baumaterial stammt zu grossen Teilen aus der Schweiz. Und die Aufträge wurden möglichst an Handwerker in der Region vergeben, um die Anfahrtswege kurz und die Wertschöpfung vor Ort zu halten. Die ortsansässige ISP Electro Solutions AG zum Beispiel führte alle Elektroinstallationen aus, installierte drei Ladestationen für E-Mobilität und bereitete 27 weitere Parkplätze dafür vor. Geprüft werde nun noch eine öffentliche Aussenstelle. «Auf dem Gelände ist auch eine Mobility-Station geplant», ergänzt Markus Zurflüh.
Was aber kostet die Umweltfreundlichkeit von Sóley Münsingen? «Es werden etwa 1,4 Millionen Franken für nachhaltige Technologien investiert, das macht etwa acht Prozent der Gesamtkosten aus», so Zurflüh.
Trotz dieser Ausgaben bewegen sich die Mietpreise jedoch im regulären Bereich. So bezahlen die Mieter für eine 3,5-Zimmer-Wohnung 1840 Franken, also nicht mehr als andernorts auch. Dazu sind Strom- und Heizkosten günstiger als bei einer herkömmlichen Wohnung – und der CO2-Ausstoss viel geringer.
Im Herbst 2020 haben die ersten Mieter ihre Wohnungen bezogen, im Sommer 2021 ziehen die letzten ein. Dann ist das Leuchtturmprojekt, das die Zukunft des Bauens zeigt, endgültig abgeschlossen. Offen ist noch, ob es dafür eine Auszeichnung gibt: Sóley Münsingen wird um den Solar- preis 2022 kämpfen.
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