«Unsere Strategie ist robust und erfolgreich. Auch im Corona-Jahr funktioniert sie bestens»

Die BKW hat ihren Erfolgskurs im Geschäftsjahr 2020 fortsetzen können: Sowohl Umsatz wie auch EBIT und Cashflow konnte sie steigern. Im Interview spricht CFO Ronald Trächsel über die Unsicherheiten während des ersten Corona-Lockdowns. Er erläutert die Erfolgsformel der BKW und erklärt, was der hohe Cashflow für den Konzern bedeutet.

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Ronald Trächsel, seit mehreren Jahren präsentiert die BKW an der Bilanzmedienkonferenz hervorragende Zahlen – auch jetzt wieder. Wie lautet die Erfolgsformel der BKW Gruppe?

Ronald Trächsel: Wir haben die Entwicklung des Energiemarktes sehr gut antizipiert und konnten immer zur richtigen Zeit unsere Strategie anpassen sowie das Energiegeschäft umbauen. Konkret denke ich dabei an die Stilllegung des Kernkraftwerks Mühleberg, an den Ausbau der Erneuerbaren und an die Professionalisierung des Stromhandels. Ein wichtiger Faktor unserer Erfolgsformel ist zudem der Aufbau des Dienstleistungsgeschäfts, das uns eine gewisse Unabhängigkeit vom Strompreis gibt und das Tor zu einem Wachstumsmarkt geöffnet hat. Das dritte Element ist die innere Logik, nach der sich unsere gesamte Wertschöpfungskette aufbaut, entlang der Produktion, der Verteilung und dem Verbrauch von Energie. Diese Strategie ist derart robust, dass sie sogar im Corona Jahr funktioniert hat.

Im ersten Pandemiejahr sind Umsatz (+ 9 Prozent) und Betriebsgewinn (+ 10 Prozent) deutlich angestiegen. Hätten Sie das vor einem Jahr, als der Bundesrat den ersten Lockdown beschlossen hat, erwartet?

Die Auswirkungen von Corona und dem Lockdown waren zu diesem Zeitpunkt kaum abschätzbar. Wir mussten uns auf alles gefasst machen. Deshalb haben wir mit verschiedenen Szenarien gearbeitet. Gegen Ende des zweiten Quartals konnten wir dann ein erstes Mal ein wenig aufatmen, weil wir sahen, dass sich unsere robuste Aufstellung auszahlt.

Gab es aus Sicht des Finanzchefs im Jahr 2020 kritische Phasen?

Die Unsicherheiten im ersten Halbjahr und der richtige Umgang damit waren eine schwierige Situation für die Konzernleitung. Finanztechnisch gesehen war die Situation hingegen nie kritisch.

Im Zusammenhang mit der BKW wird auch der wachsende Cashflow immer wieder lobend erwähnt. Wie würden Sie einem Laien den Cashflow in einfachen Worten erklären?

Diese Kennzahl steht für das Geld, welches die BKW mit ihrem operativen Geschäft erarbeiten kann. Dieses Geld steht uns dann zur Verfügung, um weiter ins Unternehmen zu investieren und die Aktionäre über Dividenden am Erfolg zu beteiligen.

Welche Bedeutung hat der hohe Wert beim Cashflow für die BKW?

Der operative Cashflow bewertet die Stärke eines Unternehmens. Ergo ist die BKW ein starkes und robustes Unternehmen. Konkret bedeutet das: Die BKW kann sich und ihre Strategie aus eigener Kraft finanzieren. Das Unternehmen hat grosse finanzielle und operative Handlungsfreiheiten und ist somit in der Lage, die bestehenden und sich bietenden Chancen schnell und erfolgreich zu nutzen.

Das Energiegeschäft steuert nach wie vor den grössten Beitrag zum Betriebsgewinn bei. Zudem haben sich die Strompreise gegenüber dem Tiefpunkt im Jahr 2019 am Terminmarkt etwas erholt. Ist die Energiekrise ausgestanden?

Die Vergangenheit hat gezeigt, dass Preisprognosen mit grossen Unsicherheiten verbunden sind. Es kann also auch wieder in die andere Richtung gehen. Die robuste und diversifizierte Strategie der BKW ist darauf nach wie vor die richtige Antwort. Grundsätzlich rechnen wir in den kommenden Jahren mit einer stabilen Entwicklung der Strompreise. Dank dieser lässt sich mit unseren abgeschriebenen Kraftwerken wieder etwas Geld verdienen. Neuinvestitionen dagegen rechnen sich nach wie vor nicht oder nur in Ausnahmefällen.

Das Dienstleistungsgeschäft trägt einen immer grösseren Anteil zum Gewinn der ganzen Gruppe bei. Geht dieser Aufwärtstrend weiter, auch wenn die starke Akquisitionstätigkeit der vergangenen Jahre in Zukunft etwas zurückgefahren wird?

Das Dienstleistungsgeschäft ist ein Wachstumsmarkt, in dem die BKW sehr erfolgreich unterwegs ist. Der EBIT aus diesem Geschäft wird also weiterhin zunehmen. Im Gegensatz zu früher, als wir vor allem über Akquisitionen gewachsen sind, wachsen wir heute auch aus eigener Kraft. Und dies aus einer Position der Stärke heraus. In allen drei Dienstleistungsgeschäften Engineering, Building Solution und Infra Services halten wir bereits heute führende Marktpositionen. Und wir werden auch weiter Akquisitionen durchführen, wenn sich Gelegenheiten dazu bieten.

Die beiden letzten grösseren Akquisitionen Swisspro und LTB haben sich trotz der Covid-19-Krise umsatzmässig sehr erfreulich entwickelt (+ 35 Prozent). Was erwarten Sie für die Zukunft?

Für beide Unternehmen erwarte ich auch für die Zukunft eine sehr positive Entwicklung. Die relevanten Märkte wachsen, und wir haben die richtigen Kompetenzen, um die Chancen zu nutzen.

Fast die Hälfte der gesamten Investitionen der BKW sind im Jahr 2020 in den Unterhalt des eigenen Netzes geflossen. Wieso ist das Netz so teuer?

Mit einem Netz in der Länge von 22'000 Kilometer ist die BKW die grösste Verteilnetzbetreiberin der Schweiz. Die Investitionen gehen aber nicht in den Ausbau, sondern fliessen in den Unterhalt des bestehenden Netzes – und das kostet. Zudem machen wir das Netz fit für die neuen Anforderungen, die durch die wachsende Elektromobilität oder die dezentrale und volatile Stromproduktion entstehen.

Die BKW steht auf stabilen Füssen. Die Bilanz ist grundsolide mit einer Eigenkapitalquote von 42 Prozent. Die Kassen sind voll, denn die Gruppe hat kurzfristig verfügbare Mittel in der Höhe von einer Milliarde Franken. Welchen Ausblick können Sie uns für das laufende Jahr geben?

Für das Geschäftsjahr 2021 rechnen wir mit einem ähnlich guten Ergebnis wie im Jahr 2020. Dies ohne Sondereffekt von 40 Millionen Franken aus der Swissgrid-Zahlung. Auf der einen Seite helfen uns die etwas besseren Strompreise und auch im Dienstleistungsgeschäft sind wir gut aufgestellt. Allerdings müssen wir uns auch auf etwas Gegenwind gefasst machen. Denn wir können kaum damit rechnen, dass der Handel nach 2019 und 2020 ein weiteres Rekordjahr hinlegt. Zudem spült uns die verlängerte Revisionszeit im Kernkraftwerk Leibstadt einen negativen EBIT-Effekt von zirka 20 Millionen Franken in die Bücher. Nichtsdestotrotz sind wir richtig und robust aufgestellt und vertrauen auf unsere Stärken. Wir werden auch 2021 überzeugen.

Geschäftsbericht 2020

Interview: Tobias Habegger, Senior Communication Manager, BKW AG