Was ist eigentlich mit Dekarbonisierung gemeint?
Bernhard Lenz: Die Dekarbonisierung beabsichtigt die Reduktion – oder noch besser die Vermeidung – des Treibhausgasausstosses in die Atmosphäre, welcher durch die Verbrennung fossiler Energieträger entsteht. Ziel ist es, auf diesem Wege der Erderwärmung und dem Klimawandel entgegenzuwirken.

Bernhard Lenz im Interview
«Künftig werden nur noch Unternehmen, welche die Klimaziele in ausreichendem Masse in ihren Geschäftstätigkeiten berücksichtigen, Kapital erhalten. »

Welche Bedeutung hat Dekarbonisierung für Unternehmen?
Unternehmen sind aus folgenden Gründen von der Dekarbonisierung stark betroffen: Erstens verpflichtet das «Pariser Klimaabkommen» erstmals alle Staaten zur Reduktion der Treibhausgasemissionen. Die Umsetzung erfolgt auf nationaler Ebene und führt zu zahlreichen regulatorischen Vorgaben, welche gegenwärtig und in den nächsten Jahren immer mehr auf die Unternehmen zukommen werden. Das Klimaabkommen beeinflusst zweitens ebenfalls die Finanzströme. Das bedeutet, dass künftig nur noch Unternehmen, welche die Klimaziele in ausreichendem Masse in ihren Geschäftstätigkeiten berücksichtigen, Kapital erhalten werden.

Drittens: Sensibilisiert durch die immer stärker werdenden Naturkatastrophen, geraten Unternehmen mit hohen Emissionen zunehmend in den Fokus und werden vermehrt von der Gesellschaft ausgegrenzt. Der vierte Punkt bezieht sich auf die Kundenbeziehungen: Zum Schutz der eigenen Treibhausgasbilanz werden Unternehmen und Organisationen, welche bestrebt sind, ihre Treibhausgasemissionen zu reduzieren, nicht mit Lieferanten oder Partnern kooperieren, welche nicht ebenfalls einen guten CO2-Fussabdruck hinterlassen möchten.

Was passiert, wenn ein Unternehmen keine Massnahmen ergreift?
Diese Unternehmen werden ihre ‘Corporate Viability’ verlieren, also ihre unternehmerische Überlebensfähigkeit. Sie werden vermehrt mit Sanktionen konfrontiert und werden höchstwahrscheinlich kein Kapital mehr erhalten.

Welches Vorgehen empfiehlst du den Unternehmungen für eine erfolgreiche Dekarbonisierung?
Egal ob KMU oder Grosskonzern – und vollkommen branchenunabhängig: Es empfiehlt sich, die Dekarbonisierung in vier praxiserprobten Schritten strukturiert anzugehen.

  • Schritt 1: Treibhausgasbilanz
    Die Auseinandersetzung mit dem eigenen Treibhausgasausstoss bildet den Startpunkt der Dekarbonisierung. Im Rahmen der CO2-Bilanzierung werden Art, Intensität und Ort der Treibhausgas-Emissionen identifiziert. Mittels der CO2-Bilanzierung schafft das Unternehmen Transparenz hinsichtlich aller relevanten Treibhausgase, welche es emittiert.
  • Schritt 2: Ambition & Ziele CO2-Reduktion
    Die CO2-Bilanz ist die Grundlage für die Beschreibung der Dekarbonisierungsambitionen und -ziele. Diese definieren, bis wann welche Anteile des Treibhausgasausstosses reduziert werden.
  • Schritt 3: Dekarbonisierungsroadmap & -massnahmen
    Basierend auf den definierten Zielen werden konkrete Massnahmen festgelegt, mit welchen die kurz-, mittel- und längerfristigen Treibhausgas-Reduktionsziele erreicht werden können. Die Massnahmen werden anhand ihrer Umsetzbarkeit und der Dringlichkeit priorisiert und in der Dekarbonisierungsroadmap zusammengestellt. Die architektonische Gestaltung neuer Gebäude nach kreislaufwirtschaftlichen Prinzipien, das Ersetzen fossiler Brennstoffe durch erneuerbare Energieträger oder der Einsatz von Gebäudeautomatisierung zur Steigerung der Energieeffizienz, sind beispielhafte Möglichkeiten. Die Dekarbonisierungsroadmap eines Unternehmens kann man sich dabei vorstellen als ein Weg aus Pflastersteinen, welcher zum angestrebten Ziel führt: Jeder Stein symbolisiert eine konkrete Massnahme zur Reduktion oder Eliminierung der Treibhausgas-Emissionen.
  • Schritt 4: Planung und Umsetzung der Dekarbonisierungsmassnahmen
    Oft umfasst eine Dekarbonisierungsroadmap zahlreiche Massnahmen aus unterschiedlichen Themenfeldern, z.B. Energiebeschaffung, Gebäude, Fahrzeugflotte und weitere. Sämtliche Massnahmen haben eine detaillierte Planung und werden in der Globalplanung untereinander abgestimmt, gefolgt von der eigentlichen Umsetzung. Die Reise zur Klimaneutralität beansprucht in der Regel mehrere Jahre. Es ist von zentraler Bedeutung, den Gedanken der kontinuierlichen Reduktion von klimaschädlichen Emissionen unternehmensweit zu verankern.

Warum ist die BKW für Unternehmen die richtige Dekarbonisierungs-Partnerin?
Wie kaum ein anderes Unternehmen, verfügt BKW über profunde Expertise in nahezu allen für die Dekarbonisierung erforderlichen Kompetenzfeldern. Themengebiete, welche der Konzern nicht mit eigenen Ressourcen abdeckt, werden mit entsprechenden Kooperationen erschlossen. Mit dem «Center for Decarbonization and Energy Strategies» verfügt BKW über eine Beratungseinheit, die sich auf die Dekarbonisierungsberatung fokussiert und die für die konkreten Kundenprojekte erforderlichen BKW internen wie auch externen Kompetenzen zusammenführt. BKW Kunden erhalten so umfassende Dekarbonisierungslösungen aus einer Hand.

Welche Empfehlung kannst du den Unternehmern als Experte mitgeben?
Unternehmen sollten die Dekarbonisierung rasch an die Hand nehmen. Der Druck der Dekarbonisierung auf Unternehmen ist die grosse Herausforderung der Gegenwart.

Pariser Klimaabkommen

An der UN-Klimakonferenz in Paris Ende 2015 wurde für die Zeit nach 2020 ein neues Übereinkommen verabschiedet, welches erstmals alle Staaten zur Reduktion der Treibhausgasemissionen verpflichtet. Damit wird die bisherige Unterscheidung zwischen Industrie- und Entwicklungsländern weitestgehend aufgehoben. Das Abkommen bedeutet ein völkerrechtlicher Vertrag im Rahmen der Klimarahmenkonvention der Vereinten Nationen (UNFCCC). Es hat zum Ziel, die Erderwärmung auf möglichst 1,5°C und deutlich unter 2°C Erwärmung gegenüber dem vorindustriellen Niveau von 1850 zu begrenzen.