Mont-Crosin – im Berner Jura. Die Landschaft wirkt wie in Pastell gemalt: sattgrüne Wie­sen, weidende Kühe, weit ver­teilte Bauernhöfe. Die sanften Konturen dieses malerischen Naturraums vermitteln ein Ge­fühl der Entschleunigung. Die Strässchen winden sich in wei­ten Bögen durch die Landschaft. Pierre Berger blinzelt in die Sonne und schaut in Richtung Chasseral: «Es ist ein grosses Glück, hier zu wohnen und ein Teil dieser grossartigen Land­schaft zu sein.»

Der Landwirt stellt den vier neugeborenen Kälbchen einen Kessel Milch hin. Vor dem Eingang zu sei­nem modern umgebauten Bau­ernhof sitzt seine Ehefrau mit den vier Kindern bei Kaffee und Kuchen. Berger unterhält einen Milch­betrieb mit zwanzig Kühen: «Zu siebzig Prozent arbeite ich als Bauer – und zu vierzig Pro­zent als Techniker im Swiss Energypark

Berger lacht bei der mathematisch nicht ganz schlüssigen Aufzählung seines Pensums und vermittelt dem Besucher einen klaren Ein­druck: Hier steht ein Mann, der in seinen Aufgaben zu hundert Prozent aufgeht – mindestens.

Pierre Berger
Lebensfreude: Landwirt Pierre Berger pflegt die neugeborenen Kälber auf seinem Hof. Die Energie für seinen Betrieb kommt von den Windturbinen.

Berger ist für die Wartung und Kontrolle der 16 Turbinen des Windkraftwerks Juvent zustän­dig – eine Aufgabe, die nichts für Menschen mit Höhenangst ist. Regelmässig schaut er ganz oben auf den bis zu 150 Meter hohen Metallkolossen nach dem Rechten: Im Lift dauert die Fahrt an die Spitze sechs Minu­ten: «Von dort oben sieht man fast bis nach Paris», sagt er lachend.

Der Techniker muss sich im Notfall auch auf die eigene Physis verlassen können: «Bei Übungen benützen wir die Leiter mit ihren 380 Sprossen. Dann dauert der Aufstieg rund zwanzig Minuten.» Wenn Berger dies erzählt, dre­hen sich die gewaltigen Rotor­blätter im fast schon meditativen Rhythmus im Kreis und richten sich automatisch nach dem Luftstrom. Dies garantiert die grösste Effizienz in der Energie­gewinnung.

Heute kommt der Wind aus Westen – in zügiger Stärke. Berger sagt dazu: «An ihren Spitzen können die Rotor­blätter eine Geschwindigkeit von 250 Stundenkilometern erreichen.» Doch gelegentlich geraten selbst die mächtigen Turbinen an ihre Grenzen. Bei Windge­schwindigkeiten über 90 Stun­denkilometern wird die Anlage aus Sicherheitsgründen gestoppt.

Die Windturbinen sind neben der Solaranlage auf dem Mont-Soleil und dem Wasserkraftwerk La Goule eines von drei Elementen zur Stromproduktion im 251 Quadratkilometer grossen Park. Die Fäden laufen am Hauptsitz der BKW Tochtergesellschaft La Goule in Saint-Imier zusammen.

Direktor Cédric Zbinden sagt mit Stolz: «Wir können heute die Bedürf­nisse der 17 000 Einwohner im Gebiet zu neunzig Prozent mit selbst produzierter Energie de­cken.» Damit sind die Betreiber der Zeit mehr als einen Schritt voraus: «Wir erfüllen schon weitgehend die Bedingungen, die von der Energiestrategie 2050 verlangt werden.»

Die Leiter mit ihren 380 Sprossen

Dass in dieser Region die Zu­kunft vorweggenommen werden kann, liegt auch in der topografischen und geografischen Lage: «Wir haben hier optimale Vor­aussetzungen, um erneuerbare Energie zu produzieren», sagt Zbinden. Das in den 1990er- Jahren lancierte Projekt wurde 2015 von der BKW in Zusammenarbeit mit den Kantonen Bern und Jura als Swiss Energypark institutionalisiert. Der Park gilt als wichtigste Innovations-, Forschungs- und Demonstrationsplattform für die Produktion von erneuerbaren Energien.

Die branchenübergreifende Vernet­zung ist dabei von zentraler Be­deutung. Start-ups und Techno­logielieferanten können eigene Projekte eingeben und so aktiv am Energiepark partizipieren. Für Zbinden ist zentral, dass dieser Entwicklungsprozess stets im Einklang mit der Bevölkerung geschieht: «Wir haben die Ein­wohner immer in unsere Ideen eingebunden, jeden Schritt transparent kommuniziert und konnten in den 90er-Jahren von einer positiven Grundstimmung profitieren.» Deshalb sei es nie zu politischer Opposition oder öffentlichen Widerständen ge­kommen. Die Genossenschaft Espace découverte Energie habe in dieser Phase eine wichtige Grundlagenarbeit geleistet.

Dass die Energieverteilung optimal funktioniert, ist den sogenannten Microgrids zu ver­danken. Diese verbinden die dezentralen Energiequellen dynamisch miteinander, ermöglichen deren Integration ins Netz und reduzieren die Über­tragungsverluste. So werden allein durch die 16 Windturbinen pro Jahr achtzig Gigawatt­stunden Energie erzeugt – dies entspricht über sechzig Prozent des gesamten Strombedarfs der Region (130 GWh).

In Sachen Effizienz kann die Windenergie mit der Produktion aus Kernenergie allerdings noch nicht mithalten. Zbinden rechnet vor: «Um dieselbe Energiemenge zu produzieren wie das Kernkraftwerk Mühleberg, wären 45 Windparks wie bei uns nötig oder Solarstromanlagen, die eine Fläche von 2100 Fussballfeldern einnehmen.»

So mahnt Zbinden auch zur Bescheidenheit: «Wir beweisen hier, dass wir ein Gebiet praktisch komplett mit einem solchen Mix aus erneuerbaren Energien versorgen können. Doch noch ist dies in der Schweiz nicht überall möglich.» Gleichwohl belebt das Projekt die Region weit über das Energiethema hinaus: «Mit dem Bekenntnis zu erneuerbaren Energien haben wir auch den Tourismus wiederbelebt», so Zbinden. Beispielsweise werden auf zwei Lernpfaden durch den Park die Besucher auf spielerische Art mit allen Informationen versorgt: «Wir wollen das recht komplexe Thema für alle verständlich machen und die Besucher für die Bedeutung des Projekts sensibilisieren.»

Cédric Zbinden, Direktor der BKW Tochter La Goule.
Cédric Zbinden, Direktor der BKW Tochter La Goule.
Pierre Berger im Innern einer Windturbine.
Pierre Berger im Innern einer Windturbine. Die Stromverteilung in La Goule verläuft computergesteuert in einem komplexen Verfahren.

Derweil macht sich Pierre Berger auf zur nächsten Windturbine. Der Landwirt lebte schon hier, als es den Energiepark noch nicht gab und Windenergie vor allem in Deutschland und im nördlichen Europa ein Thema war. Heute möchte er aber nicht mehr ohne diese Anlagen leben: «Es ist ein Privileg, an diesem Projekt mitarbeiten zu dürfen und die Zukunft mitgestalten zu können.»

Pierre Berger

Dass ihm die Doppelbelastung durch die zwei Berufe nie zu gross wird, liegt in der Natur der Sache – im wahrsten Sinn des Wortes: Wenn es stark windet und die Turbinen besonders viel Aufmerksamkeit benötigen, ist das Wetter in der Regel zu schlecht, um auf dem Bauernhof zu arbeiten. Und wenn es windstill ist, kann er seine ganze Energie den Kälbchen widmen.

Sonnenstrom für zu Hause

Lösungen für eine lebens­werte Zukunft: Die BKW bietet mit Home Energy eine Gesamtlösung für die nach­haltige Stromproduktion für Ein- und Mehrfamilienhäuser. Mit dem modularen Energie­system produzieren und nutzen Eigenheimbesitzer umweltschonenden Solar­strom. Mehr erfahren unter www.home-energy.ch

Unser Beitrag zur Nachhaltigkeit 

Mit unserem Handeln, unseren Produkten und Dienstleistungen tragen wir zu einer nachhaltigen Entwicklung der Gesellschaft, der Wirtschaft und der Umwelt bei. Die BKW entwickelt Lösungen für die Gestaltung von zukunftsfähigen Infrastrukturen und Lebensräumen. Dabei bekennt sie sich zu den Sustainable Development Goals der UNO. Mehr Infos zu unserem Nachhaltigkeitsmanagement finden Sie hier.