«Das ist nicht korrekt», sagt Michael Beer. «Die BKW als Netzbetreiberin ist gemäss Energiegesetz zwar verpflichtet, die ihr angebotene Energie aus Anlagen mit einer Höchstleistung von drei Megawatt oder einer Jahresproduktion – abzüglich des Eigenverbrauchs – von maximal 5’000 Megawattstunden abzunehmen und zu vergüten. Das heisst: Wenn eine Privatperson oder eine Firma im Versorgungsgebiet der BKW Strom in deren Verteilnetz einspeisen möchte, kann sie dies über das Produkt Energy Return tun und erhält dafür von der BKW eine Rückliefervergütung. Das ist aber kein Muss: Besitzerinnen und Besitzer von Stromproduktionsanlagen können die erzeugte elektrische Energie auch an Dritte verkaufen.»
«Das stimmt nicht», so Beer. «Es gibt die Rückliefervergütung auch für ins Netz eingespeiste Energie, die mit anderen Technologien erzeugt wird – zum Beispiel mit Wasserkraft, Windenergie, Biomasse oder fossil befeuerten Wärme-Kraft-Kopplungsanlagen (WKK). Die Höhe der Rückliefervergütung richtet sich nach dem Anlagentyp: Die BKW unterscheidet zwischen Solaranlagen (Photovoltaikanlagen) und allen übrigen Technologien. Damit trägt sie der unterschiedlichen zeitlichen Verteilung der Einspeisemengen Rechnung, denn Solarstrom fällt nur tagsüber an. Die Einspeisung von elektrischer Energie aus Photovoltaikanlagen ist allerdings der weitaus häufigste Fall und macht bei der BKW circa 80 Prozent aller Rücklieferanlagen aus. Sicher auch deshalb wird die Rückliefervergütung meistens im Zusammenhang mit Solarenergie genannt.»
«Diese Aussage stimmt so nicht», sagt Beer. «Häufig wird im Zusammenhang mit der Rückliefervergütung für den ins Netz eingespeisten Strom auch der Herkunftsnachweis (HKN) erwähnt, in dem die Energiequelle sowie der Ort und Zeitpunkt der Erzeugung festgehalten sind. Doch bei der Vergütung der HKN handelt es sich um eine freiwillige Leistung der BKW. Und die Betreiberinnen und Betreiber von Photovoltaikanlagen, die elektrische Energie ins Netz der BKW einspeisen, sind ebenfalls nicht verpflichtet, die Herkunftsnachweise für ihren produzierten Strom aus Sonnenkraft an die BKW zu verkaufen. Die Abnahme und Vergütung der Energie und jene der Herkunftsnachweise sind also voneinander unabhängig. Die BKW hat in den letzten Jahren mit einer freiwillig höheren Vergütung der Herkunftsnachweise die tiefen Strommarktpreise zugunsten der Rücklieferer und Rücklieferinnen ausgeglichen.»
«Das trifft nur teilweise zu», betont Michael Beer. «Produzent und Netzbetreiberin können die Höhe der Rückliefervergütung grundsätzlich frei vereinbaren. Für den Fall, dass sie sich nicht einig werden, gibt es jedoch gesetzliche Mindestanforderungen. Die Vergütung für eingespeiste Energie aus erneuerbaren Quellen und aus Biogas richtet sich dann gemäss Energiegesetz nach den vermiedenen Kosten der Netzbetreiberin für die Beschaffung gleichwertiger Elektrizität. Für Strom aus teilweise oder vollständig fossil betriebenen WKK richtet sich die Rückliefervergütung nach dem Marktpreis zum Zeitpunkt der Einspeisung ins Netz. Seit 2020 passt die BKW die Rückliefervergütung für elektrische Energie vierteljährlich dem aktuellen Strommarktpreis an.»

«In den vergangenen Monaten ist der Marktwert für Strom stark angestiegen», so Beer. «Deshalb zahlte die BKW für das dritte Quartal 2022 eine Rückliefervergütung für Solarstrom (ohne Herkunftsnachweis) von über 40 Rappen pro Kilowattstunde – schweizweit gesehen eine der höchsten. Und auch wenn es für Strommarktpreise keine Garantie gibt, geht die BKW aufgrund aktueller Prognosen von weiterhin hohen Marktpreisen aus. Wer also elektrische Energie in das Netz der BKW einspeist, kann auch in den kommenden Monaten mit einer Rückliefervergütung rechnen, die das Preisniveau der letzten Jahre deutlich übersteigt. Ferner prüft die BKW derzeit zusätzliche Vergütungsformen, manche davon auch mit längerfristiger Preissetzung. Diese könnten die Investitionssicherheit von Photovoltaikbetreibenden noch weiter erhöhen.»
«Nein, diesen direkten Zusammenhang zwischen Strommarktpreis und Stromtarif gibt es so nicht», erklärt Michael Beer. «Die Rückliefervergütung und der Stromtarif der BKW sind unabhängig voneinander und haben eine unterschiedliche Gesetzes- und Berechnungsgrundlage: Die Rückliefervergütung richtet sich nach dem aktuellen Marktwert elektrischer Energie und wird deshalb mehrmals im Jahr angepasst. Der Stromtarif hingegen besteht aus drei Komponenten: Erstens dem Preis für die Energie (circa 35 Prozent), zweitens den Kosten für die Netznutzung (etwa 45 Prozent) und drittens den Abgaben und Gebühren an Bund, Kantone und Gemeinden (rund 20 Prozent). Der Preis für die Energie selbst macht also nur einen verhältnismässig kleinen Teil der Stromrechnung aus, welche die Endkundinnen und -kunden erhalten. Er orientiert sich an den Gestehungskosten der Kraftwerke und an langfristigen Bezugsverträgen der Netzbetreiberin – und somit nur indirekt am Marktpreis. Und der Solarstrom, den die BKW von den Produzentinnen und Produzenten abnimmt, fliesst auch nur teilweise in die Grundversorgung. Deshalb lassen sich aus der Rückliefervergütung keine unmittelbaren Schlüsse auf den Stromtarif ziehen.»

«Das ist nicht richtig», so Beer. «Es gibt verschiedene Faktoren, die den Marktpreis für elektrische Energie bestimmen. Die Saisonalität spielt eine wesentliche Rolle, da sie das Zusammenspiel von Angebot und Nachfrage beeinflusst: Im Winter sind die Marktpreise für Strom generell höher als im Sommer. Das liegt daran, dass das Stromangebot in den kalten und dunkleren Monaten tiefer ausfällt, weil zum Beispiel die Flüsse weniger Wasser führen und die Sonne nicht so häufig und lange scheint. Dem gegenüber steht ein erhöhter Strombedarf, etwa fürs Heizen oder für Beleuchtung. Im Sommer ist es gerade umgekehrt. Wer nun beispielsweise eine eigene Photovoltaikanlage betreibt und überschüssige Energie verkauft, erhält deshalb bei einer marktorientierten Vergütung im Winter allgemein mehr Geld als im Sommer. Weitere wichtige Faktoren, die den Strommarktpreis beeinflussen, sind etwa die Brennstoffpreise (Gas, Kohle, Öl) auf dem Weltmarkt, die Preise für CO2-Emissionszertifikate in der EU und die vorhandenen Produktionskapazitäten in der Schweiz und im Ausland. Aufgrund der Einbindung der Schweiz in den internationalen Strommarkt sind die Schweizer Marktpreise eng an die Preise im benachbarten Ausland gekoppelt.»
«Das ist zu kurz gegriffen», sagt Michael Beer und erklärt: «Die Amortisationsdauer sagt aus, ab wann der Betrieb einer eigenen Photovoltaikanlage rentiert. Sie beträgt für eine übliche Photovoltaikanlage mit einer Leistung von 10 Kilowatt-Peak (kWp), also etwa 25 Modulen, im Schnitt etwa 10 bis 20 Jahre. Abhängig ist die Amortisationsdauer vom Zusammenspiel verschiedener Faktoren, etwa vom Anteil des Eigenverbrauchs, vom Stromtarif des Energieversorgers, von allfälligen Förderbeiträgen und von der Rückliefervergütung für den ins Netz eingespeisten Strom. Übrigens wird die Amortisationsdauer einer Photovoltaikanlage oft mit deren Lebensdauer verwechselt. Die Lebensdauer von Photovoltaikmodulen liegt in den meisten Fällen viel höher und liegt bei rund 30 bis 40 Jahren.»
«Wer elektrische Energie in das Netz der BKW einspeist, kann auch in den kommenden Monaten mit einer Rückliefervergütung rechnen, die das Preisniveau der letzten Jahre deutlich übersteigt.»
«Wie der aktuelle Solarboom zeigt, ist die Rückliefervergütung nicht allein ausschlaggebend für einen Investitionsentscheid», so Michael Beer. «Mit Mindest- und Höchstvergütungen für ins Netz eingespeisten Solarstrom, wie sie der Ständerat in der Herbstsession 2022 vorgeschlagen hat, würden sämtliche unternehmerischen Risiken auf die Allgemeinheit abgewälzt. Oder anders gesagt: Die Stromverbraucherinnen und -verbraucher ohne eigene Photovoltaikanlagen würden über die Stromtarife die Solarpanels in ihrer Nachbarschaft mitfinanzieren. Das würde für die einzelnen Produzentinnen und Produzenten keinerlei Anreize für möglichst effiziente Photovoltaikanlagen und eine bedarfsgerechte Steuerung des Eigenverbrauchs setzen. An schönen Sommertagen beispielsweise, wenn das Angebot an Solarstrom gross und die Preise tief sind (vgl. Mythos 8), sollte es für die Produzentinnen und Produzenten attraktiv sein, ihren Strom möglichst lokal zu verbrauchen oder zu speichern und damit das Stromnetz zu entlasten. Eine Mindestvergütung würde diese Anreize zunichtemachen. Im Winter wiederum, wenn die Strompreise saisonal hoch sind, würde eine Höchstvergütung die marktbedingte Förderwirkung für Winterstrom schmälern. Gerade in den Wintermonaten ist jede Kilowattstunde Strom wertvoll, den die Schweiz dann nicht aus dem Ausland importieren muss.»