Die beiden Nationalrätinnen Isabelle Chevalley (GLP) und Priska Wismer-Felder (CVP) stehen als Präsidentin respektive Vizepräsidentin dem Windkraft-Verband «Suisse Eole» vor. Im Interview mit «BKW Insights» erläutern sie die Bedeutung der Windkraft für die Energiezukunft sowie die Versorgungssicherheit der Schweiz – und welche Hindernisse diese hierzulande zu überwinden hat.

Sie engagieren sich beide seit mehreren Jahren für die Windkraft. Was brachte sie dazu?

Priska Wismer-Felder: Das konkrete persönliche Engagement: Als wir auf unserem Bauernhof eine Photovoltaik (PV) Anlage installiert hatten, wurde uns richtig bewusst, dass wir in der Nacht keinen und im Winter wenig Strom produzieren. So haben wir schliesslich ein eigenes Windkraftprojekt gestartet.

Isabelle Chevalley: Wenn man gegen Kernenergie ist, muss man auch für einen erneuerbaren Energiemix einstehen. Viele engagieren sich für die Sonnen-, wenige für die Windenergie. Für mich ist die Komplementarität aller Energien entscheidend für die Versorgungssicherheit unseres Landes.


Windkraft liefert in der Schweiz konstant Strom, rund 60 Prozent der Jahresproduktion im Winterhalbjahr. Welche Rolle sehen Sie für die Versorgungssicherheit?

PW: Eine wichtige Rolle. Denn jede Kilowattstunde, welche wir dann produzieren, wenn sie wirklich gebraucht wird, ist die günstigste. Es ist sehr wichtig, dass wir in der Schweiz breit aufgestellt sind und sich die Energien ergänzen.

IC: Wir haben ein echtes Problem im Winter. Wollten wir den Winterstrombedarf nur durch PV decken, käme das sehr teuer und würde enorme Speicherkapazitäten bedürfen. Somit ist eine komplementäre Produktion gefragt – dabei ist Windenergie unverzichtbar.


Ende 2019 lag die Schweizer Windstromproduktion bei rund 0.14 TWh. Die Energiestrategie sieht bis 2050 einen Anstieg bis auf 4.3 TWh pro Jahr vor. Ist dieses Ziel realistisch?

IC: Es ist nicht nur realistisch, wir sind noch viel ehrgeiziger. Für Suisse Eole ist das Ziel 9 TWh, davon 6 TWh im Winter. Wir haben diese Berechnungen basierend auf den Projekten durchgeführt, die in der Schweiz in Vorbereitung sind. Wir haben gesehen, dass wir, wenn wir nicht alle Einspracheverfahren hätten, die vom Bundesrat gesetzten Zwischenziele bereits erreicht hätten. Es ist also möglich, aber braucht Zeit. Ich habe in der Politik zwei Dinge gelernt, die auch für die Windkraft sehr wichtig sind: Geduld und Ausdauer! (lacht)


Sie haben es angesprochen: Bewilligungsverfahren für Windprojekte dauern in der Schweiz lang, durchschnittlich zwischen 10 und 15 Jahren. Wie liessen sich die langen Verfahrensdauern verkürzen?

IC: Ich habe ein Postulat eingereicht, das vom Parlament angenommen wurde, um nach Lösungen zu suchen, wie diese Verfahren verbessert und verkürzt werden können. Für die Windenergie wird beispielsweise vorgeschlagen, den Teilzuteilungsplan und die Baugenehmigung gleichzeitig zu untersuchen. Wir müssen Lösungen finden, um schneller voranzukommen.

PW: Wichtig ist zudem, dass die verschiedenen Ämter am gleichen Strick ziehen. Man merkt leider immer wieder, dass die Strategie beim Bund eigentlich vorgegeben ist und trotzdem nicht alle Ämter in die selbe Richtung mitziehen. Innerhalb der Verwaltung erhoffen wir uns noch kräftigereUnterstützung, insbesondere hinsichtlich der Bewilligungen.


Die UREK-N hat eine Motion eingereicht, welche die Ausarbeitung der notwendigen gesetzlichen Grundlagen für eine Positivplanung für mögliche Standorte von erneuerbaren Energien von nationalem Interesse verlangt. Könnte diese Motion der Windenergie Vorschub leisten?

PW: Ja, ich sehe in der Motion eine Chance, dass man die unterschiedlichen Meinungen innerhalb der Ämter auf eine Linie bringt – und in diesem Sinn hat sie auch die Kommission unterstützt. Durch die verlangte Gesetzesrevision könnte dafür eine verlässliche Grundlage geschaffen werden. Die Ämter müssen sich jetzt zusammenraufen und vorwärts machen. Die Antwort des Bundesrats wird effektiv zeigen, wie ernst es ihm ist.
 

Was macht Windenergie in der Schweiz für Investoren trotz langen Bewilligungsverfahren und möglichen Volksabstimmungen attraktiv?

PW: Es ist vor allem die Überzeugung, dass es eine sehr gute Technologie ist – die genau das erfüllt, was wir eigentlich von der Stromproduktion erwarten. Mir macht auch Mut, das andere Länder das geschafft haben – besser geschafft haben. Wir Schweizer brauchen wohl manchmal etwas länger. (lacht) Aber wir kommen nicht um die Windenergie herum, sie ist ein wichtiger Baustein im angestrebten Strommix.

IC: Unsere Vorfahren haben uns Stauseen hinterlassen. Beispielsweise der Verbois-Damm in Genf, der im Zweiten Weltkrieg gebaut wurde. Unsere heutige Aufgabe ist es, unseren Beitrag an zukünftige Generationen zu vererben. Heute freuen wir uns über die Dämme. Aber was haben wir inzwischen getan? Wir dürfen nicht innehalten, sondern müssen kämpfen. Und Bravo an diejenigen, die investieren – das ist mutig!

Engagement der BKW im Windbereich

Die BWK ist eine Pionierin der Windenergie in der Schweiz. Heute liefert sie rund 40 Prozent der gesamten aus Windkraft produzierten Elektrizität in der Schweiz. Bei ihren Windenergieprojekten setzt die BKW bei der Parkbewirtschaftung auf das aktive Engagement der Gemeinden und unterstützt diese langfristig. Auch vermittelt sie Wissen und sensibilisiert die Bevölkerung für Wind- und PV-Technologien (Espace découverte mit dem Windpark Juvent und dem Solarpark Mont-Soleil). Als Mitglied von Suisse Eole ist auch für die BKW die Verbesserung und Verkürzung der Bewilligungsverfahren von grosser Bedeutung. Ebenfalls sieht sie, wie in ihrer Antwort zur Vernehmlassung Revision StromVG und zur Revision EnG geäussert, die Notwendigkeit von spezifischen Massnahmen – bei der Windkraft oder anderen geeigneten Technologien – zur Stärkung der inländischen Versorgungssicherheit im Winter.

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