Strom aus Wasserkraft gehört zu den erneuerbaren Energien – und ist ein wichtiges Element, um die Energiewende zu schaffen. Welche Pionierleistungen wir ihr verdanken, ist vielen heutzutage nicht mehr bewusst. Die Geschichte der Kraftwerke Oberhasli, kurz KWO, im Berner Oberland rückt alles in Perspektive. «Die KWO wurde 1925 in einer Zeit des Mangels gegründet. Man wollte von der Kohle als Energieträger wegkommen und die Elektrifizierung vorantreiben», erzählt Daniel Fischlin, CEO der Kraftwerke Oberhasli.
Bereits am 7. März 1906 erhielten die Gründerväter für ihr Unternehmen, die Vereinigten Kander- und Hagneckwerke, die Konzession für die Nutzung der Wasserkräfte der Aare und ihrer Zuflüsse von der Grimsel bis Innertkirchen. Sie setzten sich gegen einen privaten Investor durch, der die Energie unter anderem für die Gewinnung von Eisenerz nutzen wollte. Die Berner Regierung gab den Vereinigten Kander- und Hagneckwerken, die später zur Bernischen Kraftwerke AG und noch später zur BKW wurden, den Vorzug, weil sie die Wasserkraft möglichst im Interesse der Allgemeinheit nutzen und Spekulationen verhindern wollte.
Darum wurde die KWO gegründet
Knapp 20 Jahre lang prüften die Wegbereiter der BKW im Anschluss mehr als ein halbes Dutzend Projektvarianten, um aus Wasserkraft elektrische Energie zu gewinnen. Ihr Ziel: die ganze Infrastruktur alleine zu bauen und mittels einer Aktienkapitalerhöhung zu finanzieren. Allerdings erwies sich das als unmöglich. Darum gründeten sie am 20. Juni 1925 die Kraftwerke Oberhasli AG, an der sich der Kanton Bern finanziell beteiligte. Geplant war ausserdem die Ausgabe von Obligationen zur Baufinanzierung an Interessenten.
Obwohl sich noch keine anderen Partner beteiligten, starteten im gleichen Jahr am Grimsel bereits die Bauarbeiten am Kraftwerk Handeck 1. In deren Verlauf wurde nicht nur die Bogengewichtsmauer errichtet – mit 114 Metern damals die höchste Staumauer Europas –, sondern auch die 42 Meter hohe Sperrmauer an der Seeuferegg. Beide Bauwerke schliessen das Staubecken des Grimselsees. 1932 war alles fertiggestellt und beeindruckte rundum. Das freute auch den Kanton Basel-Stadt und die Stadt Bern, die sich 1928 respektive 1930 mit je einem Sechstel an der KWO beteiligt hatten. 1938 tat es ihnen die Stadt Zürich gleich.
Das erste grosse Pumpspeicherwerk
Mitten im Zweiten Weltkrieg wurde die zweite Etappe in Angriff genommen und das Wasserkraftwerk Innertkirchen sowie die Zentrale Handeck 1 errichtet – das erste unterirdische Kraftwerk Europas. Unterirdisch deshalb, weil Steinschlag und Luftangriffe drohten und man kein kostbares Kulturland verbauen wollte. Weitere Meilensteine waren später unter anderem eine Staumauer am Räterichsbodensee, die möglichst optimal in die Landschaft eingebettet wurde, und in den 1970er-Jahren das erste grosse Pumpspeicherwerk, mit dem Energie gespeichert und in Spitzenzeiten wieder abgegeben werden kann. Anfang der 2000er-Jahre gründete die KWO zudem als erste Wasserkraftunternehmung eine eigene Ökologieabteilung. «Die KWO war stets vorne dabei, diese Kultur wollen wir weiter pflegen», meint Daniel Fischlin. «Heute überlegen wir zum Beispiel, wie wir einen Roboter im Kraftwerksunterhalt einsetzen könnten.»
Zukunftspläne
Ein weiteres Projekt, das man aktuell gerne in Angriff nehmen würde, ist ein zusätzlicher Speichersee mit einem neuen Kraftwerk an der Trift. Obwohl mit der Annahme des neuen Stromgesetzes gesetzlich verankert, kämpfte eine Umweltorganisation bislang dagegen an. Inzwischen zeigt sie sich jedoch gesprächsbereit und erwägt den Rückzug der Beschwerde. «Die Trift würde die Versorgungssicherheit im Winter erhöhen», betont Daniel Fischlin. Davon profitiert die ganze Schweiz. Denn die KWO liefert ihren Strom über die Kantonsgrenzen hinaus. Die KWO erbringt auch wichtige Dienstleistungen für die Stabilisierung des Schweizer Stromnetzes. Ihre leistungsstarken Wasserkraftwerke können bedarfsgerecht und auf Knopfdruck auf Angebot und Nachfrage reagieren. Mit der zusätzlichen und nicht planbaren Energie aus erneuerbaren Quellen wie Wind und Sonne werden die Systemdienstleistungen der Grosswasserkraftwerke immer wichtiger.
Nach wie vor baut die KWO auch imposante Infrastruktur. Am 20. Juni 2025 – also auf den Tag genau 100 Jahre nach ihrer Gründung – weiht sie am Grimsel die neue Staumauer ein. Das im Beisein von Bundesrat Albert Rösti, der Berner Regierungsrätin Christine Häsler und des Berner Regierungsrats Christoph Ammann. Diese Mauer vor der Mauer löst die alte, in die Jahre gekommene Talsperre ab. Mit 113 Metern ist sie einen Meter weniger hoch, kann allerdings bei Bedarf aufgestockt werden, um die Speicherkapazität des Grimselsees zu steigern – auch das ein Projekt, das die KWO gerne realisieren würde. Aktuell liegt die Marke bei 94 Millionen Kubikmetern Wasser.

Das Jubiläumswochenende wird gefeiert
Für die breite Öffentlichkeit findet am 21. und 22. Juni 2025 ein Jubiläumswochenende statt. Höhepunkt ist die Begehung der alten und der neuen Mauer. Mit Sicherheit ein unvergessliches Erlebnis.