Zuerst wirft Moderatorin Sarah Steinmann mit den beiden Mitgliedern des Nationalrates einen Blick zurück: Im September 2023 wurde das Stromgesetz im Nationalrat deutlich mit 177 zu 19 Stimmen und im Ständerat sogar einstimmig angenommen. «Ich war enttäuscht ab diesem Abstimmungsresultat», blickt Nationalrat Knutti zurück und ergänzt, wenn er damals schon Nationalrat gewesen wäre, dann hätte er auch zu den 19 Gegenstimmen gezählt. Für Nationalrätin Aline Trede hingegen war die Schlussabstimmung ein sehr schöner Moment, weil es aufzeige, dass im Parlament auch sehr gut zusammengearbeitet und Kompromisse gefunden werden können – auch wenn jedes Lager ihre Kröten schlucken musste. «Für mich hat es gezeigt, dass die notwendige Energietransformation möglich ist», hält die Grüne Nationalrätin fest.
Bundesrat und Parlament wollen beim Schweizer Strommix den jährlichen Anteil von neuen erneuerbaren Energien (Solar- und Windenergie) bis 2035 auf 35 TWh erhöhen. Bis 2050 soll dieser Anteil bei 45 TWh liegen. Daneben soll auch die Wasserkraft zusätzliche 2 TWh Winterstrom liefern. Die 15 (16 mit dem Projekt Chlus) Projekte des Runden Tisches Wasserkraft sollen dafür im Gesetz verankert werden und anderen nationalen Interessen vorgehen.
Eigentlich würde dies genau den Vorstellungen von SVP-Mann Knutti entsprechen. Aber die weitere Förderung und Ausbauziele der Solar- und Windenergie ist für Knutti nicht kompensierbar. «Ich komme aus einer Tourismusregion. Für die 10 TWh zusätzlichen Strom brauchen wir 2´000 Windräder. Als ehemaliger Gemeindepräsident von Därstetten sah ich, welche Verschandelung der Landschaft die Windenergie mit sich bringen würde.»
Ist etwas dran an der Verschandelung der Landschaft, Frau Trede?
Normalerweise ist es die Grüne Partei, die sich für den Naturschutz stark macht. Zu den Eingriffen in die Natur durch erneuerbare Energien bringt Aline Trede zuerst Fakten auf den Tisch: «Eine Studie vom SWEET EDGE Konsortium hat drei Szenarien berechnet, ob und wie die 35 TWh pro Jahr bis 2035 erreicht werden können. Dabei wird aufgezeigt, dass der Zubau von 25 TWh aus der Solarenergie, 8 TWh aus Biomasse und 2 TWh aus der Windenergie möglich ist. Also braucht es auch nicht 2'000 Windräder.»
«Der Netzanschluss für alpine PV-Anlagen fehlt»
Das Problem der Verschandelung sieht Nationalrat Knutti nicht nur bei den Windrädern, sondern auch mit den alpinen PV-Anlagen. Ausserdem müssten teils kilometerlange neue Leitungen verlegt werden, um den Strom von der Alp ins Tal zu transportieren. «Denn der Netzanschluss für alpine PV-Anlagen fehlt», führt Knutti aus. Diese neuen Leitungen verliefen oftmals durch Naturschutzgebiete. Für Nationalrat Knutti ist es darum nicht zielführend, solche Anlagen zu bauen.
Nationalrätin Trede widerspricht und hält fest, dass die Solarenergie in der Schweiz ein enormes Potential habe. Zwar brauche es eine Roadmap zum Stromnetz, damit der Ausbau gelingt. Aber die Realität zeige folgendes: «Bei den alpinen PV-Anlagen haben jene Projekte gute Chancen, welche in der Nähe einer bestehenden Infrastruktur gebaut werden– beispielsweise bei einem Skilift. Dort, wo alpine PV-Anlagen an eine bereits bestehende Netzinfrastruktur angeschlossen werden können, sind sie erfolgreich.»
Dennoch ist für Nationalrat Knutti klar: «Es ist besser, Solaranlagen auf Dächer zu bauen, als unsere Landschaft zu verschandeln.»
Der Elefant kommt erst spät in den Raum
Erst in der Fragerunde wurde dann doch noch die Kernenergie thematisiert. «Wir brauchen die Kernenergie, wenn wir bis 2050 klimaneutral werden wollen», fordert Nationalrat Thomas Knutti. «Die Frage der Atomkraft werden wir im Rahmen der Blackout-Initiative diskutieren», kontert Aline Trede und ergänzt: «Im Stromgesetz geht es aber nicht um die Atomenergie. Und was beim Argument der Atomkraft vergessen geht: Es dauert mindestens 20 Jahre, bis ein AKW überhaupt gebaut werden kann. Also kurzfristig ist sie keine Lösung. Kurzfristig können wir aber die Erneuerbaren ausbauen, welche uns den Strom liefern, den wir brauchen.»
Neue Produktionsanlagen bauen
Die BKW spricht sich vor allem auch deshalb für das Stromgesetz aus: Sie will in den Bau von neuen Produktions- und Verteilanlagen investieren und ihren Beitrag an die Energiezukunft und die Versorgungssicherheit leisten. Das Volk wird am 9. Juni entscheiden, wie die Energiepolitik zukünftig aussehen wird.