Fünf Fragen an Andreas Ebner
FLASH!: Ist das Stromnetz für die Energiewende bereit?
Andreas Ebner: Aktuell ist das Stromnetz vielerorts noch auf die alte Energiewelt ausgerichtet und nicht für die Anforderungen der Energiewende gebaut. Photovoltaikanlagen, Wärmepumpen und Ladestationen für Elektrofahrzeuge erhöhen den Kapazitätsbedarf massiv. Dies, weil die lokale Produktion praktisch nie zeitlich zum lokalen Verbrauch passt und der Ausgleich über das Stromnetz erfolgt.
FLASH!: Mit einer Photovoltaikanlage brauche ich doch kein Stromnetz mehr!
Andreas Ebner: Das stimmt so leider nicht. Als Beispiel: Ich wohne in der Region Solothurn und dort liegt oft tagelang Nebel. Dann produzieren die Photovoltaikanlagen keinen Strom und ich bin froh, wenn ich meinen Energiebedarf aus dem Stromnetz decken kann. Genau auf diese Situationen muss das Stromnetz ausgelegt werden.
FLASH!: Also muss das Stromnetz ausgebaut werden?
Andreas Ebner: Das Stromnetz muss massiv ausgebaut werden, insbesondere das Mittel- und Niederspannungsnetz. Oder anders gesagt: das Dorf- und Quartiernetz. Denn die meisten Photovoltaikanlagen, Wärmepumpen und Ladestationen für Elektrofahrzeuge werden im Quartier installiert. Da brauchen wir zukünftig vermehrt auch Standorte für neue Trafostationen und Verteilkabinen.
FLASH!: Dann braucht es für jede neue Photovoltaikanlage einen Ausbau des Stromnetzes?
Andreas Ebner: Nein. Heute erfolgt bei rund 85 Prozent der Photovoltaikanschlüsse der Anschluss ans Stromnetz ohne weitere Arbeiten – diese Tendenz ist allerdings sinkend. Bei 15 Prozent ist ein Netzausbau erforderlich, welcher gegebenenfalls ein Bewilligungsverfahren benötigt. Der Netzausbau kann daher je nach Umfang und Bewilligungsdauer zwischen zwei Wochen und zwei Jahre in Anspruch nehmen.
FLASH!: Was können wir alle zum Gelingen der Energiewende im Stromnetz beitragen?
Andreas Ebner: Wir alle sind in der Verantwortung. Nur gemeinsam schaffen wir die Energiewende. Wir bauen das Stromnetz laufend aus und schliessen jeden Arbeitstag 25 Photovoltaikanlagen an unser Netz an. Im gemeinsamen Dialog setzen wir uns für einen beschleunigten Netzausbau und eine höhere Akzeptanz des Netzausbaus in der Bevölkerung ein.
Dr. Andreas Ebner arbeitet seit 2009 in verschiedenen Funktionen bei der BKW. Seit 2018 ist er Leiter Netzplanung und Projekte sowie Mitglied der Geschäftsleitung von BKW Power Grid. Der 45-Jährige ist promovierter Elektroingenieur mit EMBA und lebt mit seiner Familie im Kanton Solothurn. Seine Freizeit verbringt er am liebsten mit Berg- und Skitouren.